Duales Studium als Ausbildungskonzept – Theorie mit Praxisbezug

Immer mehr Studenten entscheiden sich für ein duales Studium. Der Vorteil: Sie bekommen auch während ihres Studiums ein Gehalt. Doch wer die Doppelbelastung auf sich nimmt, braucht Disziplin und Durchhaltevermögen.

Ein duales Studium hat einige Vorteile, fordert aber auch Disziplin. Foto: Getty Images

Studieren, aber gleichzeitig Erfahrungen in der Praxis sammeln – das geht beim Dualen Studium. Immer mehr junge Menschen entscheiden sich für diesen Weg. 2009 gab es bundesweit knapp 48.800 Studierende, zehn Jahre später waren es nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung mehr als 108.000. Möglich ist eine breite Palette von Studiengängen aus Bereichen wie Technik, Wirtschaft, Recht, Pädagogik, Tourismus oder dem Gesundheitswesen. Geeignet sei diese Art der Ausbildung für Studierende, die sich nicht nur theoretisches Wissen aneignen, sondern auch Praxiserfahrungen sammeln wollen, sagt Professor Franz Boos, wissenschaftlicher Leiter von hochschule dual, der Dachmarke für das duale Studium der bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Viele Studentinnen und Studenten schätzen den Praxis-Bezug. Karl zum Beispiel kommt aus dem oberbayerischen Ettal und ist begeisterter Skifahrer. Nun macht der 23-Jährige beim österreichischen Skihersteller Atomic ein duales Studium. Das heißt für ihn: Ein Maschinenbaustudium an der Hochschule in München und Praxiseinheiten in Altenmarkt im Pongau im Bundesland Salzburg. „Ich bin vom Sport und der Technik begeistert – die Skibautechnik verknüpft beide Welten für mich, das ist perfekt“, schwärmt der Student. Auch für Atomic ist es eine „Win-Win-Situation“: „Wir schaffen uns so unsere künftigen Führungskräfte“, sagt Markus Jahl, der bei dem Skibauer für die Auszubildenden zuständig ist.

Viele Firmen sehen das ähnlich. Auch der Versandhändler Baur bildet mit dem Ziel aus, die dualen Studierenden zu behalten. „Wir geben keine Übernahmegarantie“, sagt Ausbildungsleiter Max-Josef Weismeier. „Aber unsere Intention ist es natürlich, die Studenten zu übernehmen, schließlich investieren wir über einen langen Zeitraum in sie.“ Franz Wagner, Ausbildungsleiter bei der Versicherungskammer Bayern, sagt: „Diese Gruppe von Leuten ist für uns sehr wichtig.“ Rund 80.000 Euro lässt sich die Münchner Versicherung die Berufsausbildung und das Bachelor-Studium ihrer Mitarbeiterin Ina kosten. Die 21-Jährige wird nach Ende ihres Studiums einen Abschluss in Wirtschafts- und Organisationswissenschaften und einen IHK-Abschluss als Kauffrau für Versicherungen und Finanzen haben. „Ich werde innerhalb von fünf Jahren drei Abschlüsse machen“, sagt Ina. „Den IHK-Abschluss, den Bachelor und den Master.“ Ina findet es gut, dass sie sich auf die Ausbildung und das Studium konzentrieren kann und ein Gehalt bekommt. „Ich bin froh, dass ich neben dem Studium nicht noch in einem Café arbeiten muss“, sagt sie. Je nach Branche und Ausbildungsjahr verdienen duale Studenten zwischen 400 und 1.200 Euro.

Der Nachteil: Ein freies Studentenleben mit viel Freizeit und freier Zeiteinteilung haben duale Studenten nicht. Man müsse schon Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen haben, sagt Ina. Auch Sina, die bei Baur im oberfränkischen Burgkunstadt eine Ausbildung als Kauffrau im E-Commerce macht und BWL studiert, findet, dass man ziemlich gut organisiert sein müsse, um mit der Doppelbelastung zurecht zu kommen. In ihren Praxiseinheiten bei Baur hat die 20-Jährige eine 37,5-Stundenwoche, während ihres Studiums ist sie ähnlich eingespannt. Einige der Studierenden wissen schon, dass sie nach ihrem dualen Studium im Unternehmen bleiben können. Atomic hofft, dass Karl bei ihnen weiterarbeiten wird. Franz Wagner von der Versicherungskammer Bayern meint: „In der Regel bleiben die dualen Studenten bei uns.“ Andere Unternehmen schreiben in den Vertrag sogar eine Verbleibeklausel rein, die allerdings rechtlich auf „dünnem Eis“ steht, wie Wagner sagt. Die 20 Jahre alte Michelle* zum Beispiel ist als duale Studentin bei einem Hamburger Verlag und studiert Wirtschaftsinformatik. Sie wurde vertraglich verpflichtet, nach Abschluss ihres Studiums für mindestens zwei Jahre beim Unternehmen zu bleiben. Doch die junge Frau empfindet das als Vorteil: „Ich weiß jetzt schon, wie es weitergeht und stehe nach dem Studium nicht ohne Job da.“ *Name von der Redaktion geändert.

Professor Franz Boos: „Viele unserer Studenten wollen eine klare Perspektive“ 

Viele denken, beim Dualen Studium kann man vielleicht Maschinenbau und BWL studieren. Welche Studiengänge gibt es sonst noch? Es gibt inzwischen ein extrem breites Portfolio, bundesweit sind es rund 1.600 Studiengänge, in Bayern etwa 250. Die Klassiker sind natürlich Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik und BWL, aber es gibt auch Studiengänge im Sozialwesen oder im Gesundheitsbereich wie den Arztassistenten. 

Sind die Rahmenbedingungen immer gleich? 

Es gibt unterschiedliche Modelle. In Bayern gibt es zum einen das Verbundstudium (Red.: auch ausbildungsintegrierendes Studium genannt). Da wird das Studium mit einer Berufsausbildung im Unternehmen verbunden. Der Absolvent hat danach zwei Abschlüsse, einen Bachelor plus einen Kammer-Abschluss. Außerdem gibt es das Studium mit vertiefter Praxis (Red.: auch praxisintegrierende Studiengänge genannt). Da wird das Bachelorstudium mit mehr Praxistätigkeit verbunden, wie in einem regulären Studium.

Für wen ist ein duales Studium besonders geeignet? 

Diese Art zu studieren ist für alle gut, die gerne einen Link ins Praktische möchten. Viele unserer Studenten sagen, dass ihnen die praktische Erfahrung unheimlich dabei hilft, die Theorie zu verstehen. Viele Studenten entscheiden sich auch für diesen Weg, weil sie sich eine klare berufliche Perspektive wünschen. 

Wie wissenschaftlich ist denn diese Art des Studiums? 

In Bayern, in den Modellen von hochschule dual, studieren die Dualis gemeinsam mit den regulären Studierenden. Somit ist das wissenschaftliche Niveau gleich. Beim dualen Studium an zum Beispiel privaten Hochschulen oder Berufsakademien ist das wissenschaftlichen Niveau geringer. Die meisten Firmen bieten das Programm für Bachelor-Studenten an. Größere Firmen ermöglichen es auch oft, dass die Studenten noch einen Master draufsetzen können. Aber die wenigsten Studenten streben eine Promotion an. Aber auch das ist grundsätzlich möglich, ein duales Studium ist keine Einbahnstraße. Prof. Dr. Franz Boos ist wissenschaftlicher Leiter von hochschule dual, das ist die Dachmarke für das duale Studium der bayerischen Hochschulen. 

Duales Studium – die wichtigsten Infos 

Ein Duales Studium verbindet ein Hochschulstudium mit einer Berufsausbildung oder mit Praxiselementen in einem Unternehmen. Die Zugangsvoraussetzungen sind unterschiedlich. Auch wie genau Theorie und Praxis kombiniert werden, ist je nach Studiengang verschieden. Die Studenten schließen einen Vertrag mit einer Firma und bekommen auch während der Studienzeiten ein monatliches Gehalt. Manche Betriebe geben ihren Studenten eine Übernahmegarantie, andere verpflichten sie sogar, nach dem Studium für eine gewisse Zeit im Unternehmen zu bleiben.

Links

Infos u.a. zu Studiengängen und Hochschulen: 

www.wegweiser-duales-studium.de

Infos u.a. zu Verdienstmöglichkeiten: https://dualstudierende.verdi.de/studieren

Dachmarke für das duale Studium der bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften:

www.hochschule-dual.de